Abschlussausstellung der Meisterklasse

Rede von Prof. Jerry Zeniuk

The paintings of Christine Kolbinger are rooted in color. She is a natural, I mean the paintings seem to play with colors until there is a beautiful resolution. I think sometimes there is a scene from nature behind the paintings, but it is never visible. Instead I feel color next to or on top of color until I get a sensual surface that leads me into the painted image. Freude und Ruhe is what she achieves, and it helps me to accept life, a not so easy task.

Juni 2014 in der Stadtgalerie, Bad Reichenhall

Abschlussausstellung der Meisterklasse

Rede von Ingrid Floss

In Christine Kolbinger's Bild unten und auch oben an der rechten Seitenwand vibriert die Farbe in ihrem Wechselspiel der Flächen, die oben aufsitzen und denen die von unten durchschimmern. So entsteht mit jedem neuen Lichteinfall ein anderer Eindruck und Farben, die vorher unsichtbar waren kommen zum Vorschein. In ihren Gemälden wird die Überzeugung der Künstlerin sichtbar, dass den Dingen des Lebens eine bestimmte Struktur zugrunde liegt, aber auch ein Glaube an die Tiefe und Vielschichtigkeit des Lebens. In ihrem Werden und Vergehen erreichen die Bilder eine besondere Schönheit und Strahlkraft. Zu sehen in beiden Bildern, ähnlich in ihrer Malweise sind sie sehr lebendig und gleichzeitig zur Ruhe gekommen.

Juni 2014 in der Stadtgalerie, Bad Reichenhall

Abschlussausstellung der Meisterklasse

Rede von Ingrid Floss über die Abschlussausstellung

Farbe hat viel Kraft. Falsch eingesetzt und alles fliegt auseinander, endet im Chaos oder im sentimentalen Kitsch. Wenn Farben miteinander wirken, ein Ganzes formen und ein bestimmter Farbklang entsteht, dann passiert das, was wir als mysteriös, wundervoll ansehen. Aber in Wahrheit kann man genau erklären, warum ein Bild besonders ist und ein anderes nicht. Es liegt daran, wie die Farben gesetzt sind, wie sie aneinander stoßen, wie viel von der einen Farbe und wie wenig von einer anderen. Es hängt davon ab, wie sie sich mischen und ihrem Vor- und Zurücktreten in Balance halten. Hinter allem steht eine bestimmt Einstellung, Haltung und Weltsicht der Maler I innen. Für den Betrachter wirkt das dann wie ein Wunder. Für die Maler I innen bedeutet das viele Jahre der Auseinandersetzung. Erst einmal mit den Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten, denen Farben unterliegen. Es ist eine langsame Schule des Sehen-Lernens, des genauen Beobachtens der eigenen Bilder, ihrer Details, sowie der Bilder anderer Maler I innen des Studiengangs für Farbmalerei hinter sich. Nun im 3. Jahr ging es um das Vertiefen des Gelernten und das Entwickeln einer eigenen Bildsprache. Es ist eine Auseinandersetzung nicht nur mit den formalen Gesichtspunkten der Malerei, sondern auch mit sich selbst, der Kultur und der Zeit, in der wir leben. Das bedeutet alles zu lernen und aufzunehmen, um dann, während des Malens alles wieder zu vergessen, aus der Intuition, ganz frei zu arbeiten. Im nie aufhörenden Bemühen, die innere Sprache in eine äußere Form zu bringen, die relevant ist in unserer heutigen Zeit. Das alles kann nun bei den Maler I innen der Meisterklasse geschehen. Als Proviant auf dem Weg haben sie einen reichen Schatz an Erfahrung und Wissen. Jetzt heißt es :Use the force, nutze die Kraft und vertraue Dir selbst.

Juni 2014 in der Stadtgalerie, Bad Reichenhall

Ausstellung 25 Farben

Rede von Ingrid Floss über die Ausstellung

"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" um mit Karl Valentin zu beginnen. Nicht nur für die, die sie machen sondern auch für die Betrachter. Also für Sie liebe Besucherinnen und Besucher. Wenn Sie sich einlassen auf die Bilder, was haben Sie dann davon?
Erst einmal denke ich, muß man sich als Betrachter loslösen von althergebrachten Denkmustern. Der erste Eindruck wird für Sie sein: das ist so viel Farbe was ich da sehe und sieht alles gleich aus. Aber wenn Sie einen Moment innehalten und sich einlassen werden Sie sehen, dass alle Arbeiten ihre eigene individuelle Sprache und ihren eigenen Farbklang haben.

Diese Malerei ist zur Zeit eine seltene und besondere Position in der Kunst und so viele Bilder, bei denen das wichtigste kompositorische Element die Farbe ist, sind wir nicht gewohnt zu sehen. Als Farbmalerei bezeichnen wir sie, wie auch der von uns gegründete Studiengang an der Kunstakademie Bad Reichenhall heißt, der nun an der neuen Akademie in Kolbermoor ab Herbst diesen Jahres weitergeführt wird. Sie hat schon eine lange Tradition, ist wichtig für die Menschen der heutigen Zeit, beide Rezipienten und Autoren und wird in Zukunft immer wichtiger werden, bei der wachsenden entindividualisierung und Globalisierung.

Grundlage ist eine wichtige Errungenschaft der modernen Malerei, die Freisetzung der Farbe, die nicht mehr länger dienende Gegenstandsfarbe ist sondern selbst zum Thema wird und der durch sie geschaffene Raum, das Licht und die Zeit, das heißt Bewegung. Farbe ist das Persönlichste Ausdrucksmittel in der Malerei. Ich habe vorhin gesagt, das jeder Maler, jede Malerin in dieser Ausstellung seinen ganz eigenen Farbklang entwickelt hat oder auf dem Weg dahin ist, denn das braucht Zeit und erfordert auch innere Entwicklung. Das wichtige ist, dass diese Bilder nicht Wirklichkeit abbilden, sondern eine eigene Wirklichkeit darstellen, die der uns umgebenden Welt entgegensteht. Die formalen Gegensätze im Bild, wie Fläche und Tiefe, Warm-Kalt, Hell-Dunkel, aber auch die Gegensätze auf emotionaler Ebene wie Verzweiflung und Hoffnung, Wut und Versöhnung, Ringen nach persönlichem Ausdruck und gleichzeitig Teil eines Kollektivs zu sein, all diese Dinge sind im Bild im besten Fall zur Ruhe gekommen, haben sich transformiert, umgewandelt in eine dem Bild innewohnende Logik, Einheit und somit auch Schönheit, die nicht oberflächlich ist.

Die Freisetzung der Farbe war ein langer Prozess. Ein wichtiger Meilenstein und Pionier war Paul Cézanne, der heute noch für junge Malerinnen und Maler, visuelle und gedankliche Inspiration ist. Er hat die Landschaft zerlegt, bis nur noch Farbflecken übrig blieben und sich eine neue Ordnung der Welt, ein neues Sehen herauskristallisierte. Bei der erstmals der leere Raum, das Weiß des Untergrunds eine bedeutende Rolle gespielt hat.

Auch in dieser Ausstellung hier geht es um Verbindungen, nicht Linien sondern Kanten, wie Cézanne sagte. Es geht um Verbindungen zwischen den Farben, um Beziehungen; Farbbeziehungen. Wie sind die Bilder geordnet, wann sehe ich überhaupt ein Bild wenn ich es nicht nach althergebrachter Weise lesen kann? All diese Fragen werden in diesen Bildern gestellt.

Der Süden Deutschlands spielte eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Farbmalerei. Das Voralpenland und München. Kultur kann sich immer entwickeln und gedeihen wo sie nicht nur finanziell sondern auch ideologisch unterstützt und wertgeschätzt wird. Aber auch äußere Einflüsse spielen eine Rolle wie das besondere Licht im Voralpenland, zu sehen auch in der Malerei der Renaissance in Venedig und im Barock in den Niederlanden. Es ist aber auch wichtig das der Austausch zwischen den Kunstschaffenden intensiv ist. Man braucht nur an die Künstlergruppe "der Blaue Reiter" zu denken, an Adolf Hölzel, der seine erste Malschule im Dachauer Land gründete und Johannes Itten, der ein Schüler Hölzels war. Weiter an Hans Hofmann, der seine erste Malschule in der Georgenstr. in München hatte bevor er in die USA übersiedelte und dort wichtiger Einfluss für die Abstrakten Expressionisten war.

Vor und während des 2. Weltkrieges wanderten viele Malerinnen und Maler darunter auch Piet Mondrian und Joseph Albers nach Amerika aus, nahmen ihre neuen Ideen mit und in New York, oder auch dem legendären Black Mountain College entstanden neue, fruchtbare Zentren. Der Abstrakte Expressionismus entstand als Befreiung, als Neuanfang, aus der Hoffnung heraus man könne eine neue Welt gestalten und formen, nachdem die Nationalsozialisten in Europa alles zerstört und auch die Kunst für ihre Propaganda missbraucht hatten. In der abstrakten Malerei beutete dies nicht nur, wie einige glauben, ein Detail aus etwas gegenständlichem herauszunehmen, sondern eine völlig neue Sichtweise, eine Umformung und Neugestaltung des Lebens und unserer Lebensräume und damit auch ein Einwirken auf unser Denken hin zu einem freien selbstbestimmten Leben. Es geht dabei um Menschlichkeit und Individualität bei gleichzeitigem interagieren in einer Gruppe von Menschen, Freunden, Familie und Arbeitskollegen. Die Gefahr liegt dabei in einem vordergründigen nur Aufmerksamkeit erwecken Wollen, oder dem bloßen Selbstausdruck. Alles braucht auch ein Maß und eine Ordnung damit das was wir in die Welt hinaus geben auch für den Rezipienten wertvoll ist, ein wirklicher Gewinn und visuelle Erfahrung bedeutet.

Aus dem Abstrakten Expressionismus, der seine Ideen aus dem alten Europa durch Einflüsse von Mondrian, Matisse und Picasso, um nur einige Beispiele zu nennen, nahm, entstand die Second Generation der New York School. In dieser neu gewonnen Freiheit konnten sich nun erstmals auch die Malerinnen gut entwickeln und intensiv arbeiten. Ich denke da an Joan Mitchell, Helen Frankenthaler, noch früher Georgia o ́Keeffe oder Agnes Martin, eine wichtige Vertreterin der Minimal Art. Einige dieser Künstler/innen gingen später wieder nach Europa und dort entwickelten sich neue Formen aus dem Abstrakten Expressionismus.
In China z.B. haben wir beobachtet wie in der Farbmalerei ganz eigene, kurz gesagt vom asiatischen Denken und Sehen beeinflusste, Formen entstehen. Wichtige Vertreter in Deutschland sind, der gerade verstorbenen Gotthard Graubner oder auch Raimer Jochims, mit dem wir in Bad Reichenhall und jetzt auch in Kolbermoor zusammen arbeiten. Die Auseinandersetzung mit alter Malerei in den Museen, den Alten Meistern so zu sagen, ist Grundlage und Inspirationsquelle. So behalten wir unsere Füße auf dem Boden, das ist der Maßstab und nur so wird es möglich Neues zu schaffen. Wenn ich meine Wurzeln nicht kenne, kann ich auch nicht sehr hoch wachsen. Aber mit das wichtigste ist, dass Kunst und Leben eins sind. Ich muß aufmerksam sein, die Welt und meine Umgebung wachsam beobachten, mich auch neuen Herausforderungen stellen. Was wir heute brauchen, auch in der Malerei ist etwas ganz anderes als vor 100 Jahren. Nur durch dieses wachsame immer Weitergehen kann die Kunst relevant, unmittelbar und zeitgemäß sein.

Die Bilder, die Sie hier sehen sind für die Wohnung und die uns täglich umgebenden Räume geschaffen, nur so können sie langsam ihre Wirkung entfalten. Manche der Bilder strahlen in ihrer bescheidenen Zurücknahme eine besondere Kraft aus, andere wieder sind hitzig, nervös und drängen sich mehr in den Vordergrund. Bei einer Arbeit ist ganz selbstverständlich ein Handabdruck mit im Bild, was mich an Höhlenmalerei denken ließ und wie die Menschen vor 10.000 Jahren und mehr schon auf diese Weise ausgedrückt haben: " ich bin jetzt hier anwesend" Ein Zeichen das wir heute noch so verstehen. Hier war ein Mensch anwesend. Jetzt wünsche ich Ihnen offene Augen, halten Sie bei den Bildern einen kurzen Moment inne, vielleicht kommen Sie auch ein 2. mal wieder, lassen sich mitnehmen durch das sinnliche, körperliche Material der Malerei in eine geistige, neue und reiche Welt, damit Sie gestärkt und reflektiert nach Hause kommen. Natürlich können Sie die Bilder auch erwerben und mit in Ihr zuhause nehmen. Eine gute Zeit und danke für Ihr Kommen.

Juli 2014 in der Pasinger Fabrik, München